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Hinter der Krippe

Ein komischer Vogel war das, denkt Lea. Müde sitzt sie im warmen Wohnzimmer und schaut auf den Weihnachtsbaum. Er ist voller Kugeln und Kerzen. Weil Papa doch noch die Kisten vom Dachboden geholt hat. Weil der Vogel mit dem kaputten Flügel auf die Veranda kam, mit dem Schlüssel im Schnabel.

Als er ihn auf den Boden fallen ließ und krächzend wegflatterte, sagte Papa: „Das muss wohl ein Zeichen sein, dass wir uns Weihnachten doch schön machen sollen, was?“

Alle haben gelacht. Mama hat Papa einen Kuss gegeben, Lea durchs Haar gewuschelt und Timmy hat Papas Beine umklammert und gefragt: „Kann ich mit auf den Dachboden?“ Und plötzlich gingen die Putzerei, Kocherei und Schmückerei viel leichter und fröhlicher.

Und jetzt sitzt Lea in der Sofaecke, müde vom tollen Essen und vom Spielen mit den
Weihnachtsgeschenken. Ihr Stern glitzert fröhlich im Kerzenlicht zwischen den Kugeln am Baum. Darunter steht die Krippe mit den Figuren: Maria, Josef, Ochs und Esel, die Hirten und Könige und die Frau mit dem komischen Hut.

Und aus der Krippe heraus winkt ihr das winzige Jesuskind mit seinen knubbeligen Baby-Armen zu.

„Komm, Lea!“, hört sie eine freundliche Stimme in ihrem Kopf sagen. „Ich zeig dir etwas ganz Besonderes!“

Also steht Lea auf und geht in den Stall unterm Weihnachtsbaum.

„Aber! Hier ist ja alles leer!“, stellt Lea erstaunt fest, als sie die quietschende Holztür zum Stall aufstößt. Nur Leas Stern leuchtet strahlend über dem Stall. Sonst ist alles dunkel und leer.

Nein, doch nicht ganz! Die Frau mit dem komischen Hut steht im Stall. Sie fummelt mit ihrer Kette an der Stallwand herum und dreht sich um, als Lea herein kommt. Freundlich und gleichzeitig geheimnisvoll lächelnd geht sie ihr entgegen. Über ihren Köpfen flattert der Rabe? mit dem kaputten Flügel herein und setzt sich krächzend auf einen Holzbalken unter dem Stalldach.

Rabe

Eigentlich kommt in Adventskalendern heute die letzte Geschichte. Am 24. Dezember, dem „Heiligen Abend“ hört ja die Adventszeit auf. Denn Advent heißt „Ankunft“ und es ist die Zeit in der man darauf wartet, dass das Jesus-Kind auf die Erde kommt.

Doch wenn wir etwas nachdenken, dann ist doch klar, dass heute eigentlich erst der Anfang der Geschichte ist. Denn die Geschichte von Jesus beginnt doch gerade dann, wenn er angekommen ist. Also geht es heute doch erst richtig los.

Aber was geht los? Die Geschichte von Jesus mit uns geht los. Die Geschichte, in der du und ich und alle anderen Jesus kennenlernen. Nun wirst du sagen: Jesus ist doch gar nicht mehr da. Der ist doch vor 2000 Jahren geboren worden und längst gestorben. Da hast du natürlich Recht. Den Menschen Jesus können wir nicht mehr besuchen. Wir können das kleine Jesus-Baby mit seinen Windeln nicht aus der Krippe hochnehmen und in den Arm nehmen. Geht nicht.

Aber Jesus gehört zu Gott. In der Kirche sagt man: Er ist der Sohn Gottes. Und damit meint man: Er ist ein Stück von Gott selbst. Und Gott ist überall. Und Zeit ist etwas, das für Gott nicht wichtig ist. Und darum gibt es Jesus nicht nur als Mensch aus Fleisch und Blut. Denn Gott kann uns auf ganz viele verschiedene Arten begegnen. Und wenn Jesus ein Teil von Gott ist, dann gilt das für Jesus genauso: Er kann uns auf viele verschiedene Arten begegnen.

Es gibt da eine interessante Geschichte in der Bibel. Von einem Mann, der vor vielen vielen Jahren für Gott arbeitete. Der Mann hieß Elia und der konnte mit Gott sprechen. Gott sagte ihm, was er gut oder nicht gut fand und Elias Arbeit war, das dann den Menschen zu erklären. Als es dem Land, in dem Elia lebte, lange Zeit schlecht ging, weil es keinen Regen gab und nichts zu essen, da sagte Gott zu Elia: Geh mal weg aus der Stadt und wohne mal eine Weile an dem kleinen Bach draußen in der wüsten Gegend. Da hast du genug Wasser und ich werde Dir jeden Tag einen Raben schicken, der dir etwas zu essen bringt. Und genau so geschah es dann. Jeden Tag kam der Rabe und brachte dem Elia etwas zu essen, so dass er nicht verhungern musste.

Gut, nicht? Ein Rabe, in dem sich Gott versteckt.

Der Rabe in unserer Geschichte ist so ähnlich. Er kommt überall auf der Welt herum. Er weiß, was die Menschen denken, was ihnen wichtig ist, was sie traurig oder ängstlich macht. So weiß Gott eben auch, was wir denken, was uns wichtig ist und was uns traurig oder ängstlich macht. Und in unserer Geschichte von heute, hilft der Rabe sogar dabei, dass die Familie von Lea Weihnachten feiern kann, weil er den Schlüssel zum Dachboden zurück bringt.

Ich glaube, so ist das tatsächlich mit Gott. Gott hilft uns immer wieder, wenn wir Probleme haben. Manchmal durch andere Menschen, die uns helfen, ab und zu vielleicht auch durch Tiere und hin und wieder durch Sachen, die wir dann „komische Zufälle“ nennen.

Ich finde, dass ist ein Gedanke, der uns ganz viel Mut machen kann: Gott ist auch bei uns und hilft uns, wenn Weihnachten längst vorbei ist.

Schön, nicht wahr?