« 4. Dezember »

Ein schlechtes Gewissen

Tagelang spürt Rahel die Münze so schwer in ihrer Hosentasche wie den Stein, den sie neulich im Park gefunden hat. Was soll sie sich davon kaufen? Schokolade? Sticker? Auf jeden Fall etwas für Weihnachten!

Rahel kann sich nicht entscheiden. Und das liegt nicht nur daran, dass sie nichts Weihnachtliches finden kann.

„Eigentlich gehört mir das Geld ja gar nicht richtig“, flüstert sie am Abend ihrem Teddy ins Ohr. Teddy nickt und streichelt Rahels Wange und dann schläft sie ein.

Beim nächsten Einkauf sitzt der Mann wieder da. Der goldene Stern an seiner Halskette funkelt im Licht der Geschäfte.

Mama eilt vorbei. „Wir haben ihm genug gegeben“, sagt sie.

Doch Rahel hält ihm die Münze aus ihrer Tasche hin.

„Für dich“, sagt sie. Und dann beichtet? sie alles. „Ich hätte es fast behalten. Ich wollte mir etwas für Weihnachten kaufen! Aber ich finde nichts. Und eigentlich gehört das Geld dir! Außerdem glaube ich, Weihnachten gibt es nur in Büchern.“

Zum Glück ist der Mann kein bisschen böse. „Danke“, sagt er. Aus seinem Rucksack holt er noch einen Stern. „Natürlich gibt es Weihnachten! Ich sage dir auch, wo du es findest.“

Und dann verrät der Mann Rahel, wo in der Stadt ein riesiger beleuchteter Weihnachtsbaum steht. Und darunter eine Krippe mit Jesus darin. Rahel überredet Mama, sofort mit ihr hinzugehen.

beichtet

Rahel hat die Münze für sich behalten, obwohl sie das Geld an den bettelnden Mann weitergeben sollte. Heimlich hat sie die Münze in ihre Tasche gesteckt und ihrer Mutter nichts gesagt. Es ist ihr Geheimnis. Aber sie kann sich nicht darüber freuen.
Kennst du das Gefühl auch? Das nennt man „schlechtes Gewissen“. Du hast etwas gemacht, was deine Mutter oder dein Vater nicht weiß. Und du weißt, dass sie das gar nicht gut finden. Und das kannst du nicht vergessen. Es grummelt die ganze Zeit in dir herum. Wie Bauchschmerzen, wenn man zu viel Süßes gegessen hat. Es drückt und zwackt und das schlechte Gefühl will einfach nicht weggehen.
Rahel hat es nicht mehr ausgehalten, dieses drückende, zwackende Gewissen. Und dann hat sie ihrer Mutter und dem Bettler von der Münze in ihrer Tasche erzählt. Jetzt ist alles endlich raus, es gibt kein blödes Geheimnis mehr und das schlechte Gewissen hört auf zu drücken.
Wenn wir etwas Unrechtes erzählen, dann nennen wir das auch „beichten“. Hinterher fühlt es sich dann richtig gut an und man kann endlich wieder lachen und schlafen.